
Tradition und Innovation
Ein guter Orgelbauer sollte über ein feines Gespür für Klang, Technik und Gestaltung verfügen. Über Jahrhunderte waren Orgeln kunstvoll gefertigte Instrumente, die den Blick in oft schlicht gehaltenen Räumen auf sich zogen. Die alten Baumeister haben in allen Bereichen mit viel Einfühlungvermögen ihre Bauwerke kunstvoll in die vorhandenen Zusammenhänge eingefügt. Es gehörte zur Selbstverständlichkeit, Stilelemente vorhandener Architektur aufzunehmen und sie in einer Neugestaltung zu einer Einheit werden zu lassen. Diese Vorgehensweise entstand aus einer Grundeinstellung von Respekt und Demut. Eine solche Haltung müssen wir teilweise wieder neu erlernen, und damit auch die Verpflichtung zur Nachhaltigkeit.
Kaum jemand hat z. B. jemals wieder das Niveau eines Arp Schnitger oder einer der Silbermannbrüder erreicht und kein Geigenbauer die Qualität eines Stradivarius. Damit müssen wir uns abfinden, ob wir wollen oder nicht. Es ist eine Illusion, wenn wir meinen, die Orgel noch einmal neu erfinden zu müssen. Unser Privileg ist es, Dinge herzustellen, die einem hohen ästhetischen Anspruch verpflichtet sind. Ein Anspruch, den es gilt, aus einer vergangenen Zeit „herüber zu retten“ und in unserer Zeit in einen neuen Zusammenhang zu stellen.
Darüber hinaus verschließen wir uns auch nicht neueren technologischen Entwicklungen. In letzter Zeit haben wir immer mehr Orgeln aus der Nachkriegszeit mit entsprechenden Materialien und Technologien umfassend restauriert und zum Teil ergänzt, um den heutigen künstlerischen Ansprüchen gerecht zu werden. Aber auch hier sind wir immer auf der Suche nach der Seele des Instruments. Unsere Aufgabe ist es, der nächsten Generation Instrumente zu hinterlassen, die so „echt“ wie möglich sind. Am Ende zählt das Ergebnis, das die Menschen in Gegenwart und Zukunft berühren und begeistern soll.



